Softwareprojekte Episode 1 ::: So klappts nicht mit der Software
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Diese recht umfangreiche Einleitung soll, nach der Vorgeschichte, auf das Problem gewachsener Softwaresysteme hinführen. Ein monolitisches, nicht wartbares System entsteht nicht innerhalb von wenigen Tagen sondern wird durch viele Einflussfaktoren gebildet. Gründe hierfür können unter anderem sein:
- Schlechte oder nicht vorhandene Dokumentation
- Keine Architektur und keine Planung für eine durchgängige Architektur
- Nicht verstandene Konzepte
- Stolz
- Keine Betriebskonzepte
Er überlegte kurz wie er das lösen will:
„Ich baue eine Eingabemaske mit der Giuseppe seine schweren Jungs erfassen kann. Da gibt er einen Namen, das Gewicht des Jungen und seine ihm zustehenden Prozente ein. Das Ganze speichere ich ab. Wenn Geld reinkommt, wird der Betrag dem jeweiligen schweren Jungen zugewiesen und über eine einfache Prozentrechnung bekommt der schwere Junge seinen Betrag.“ Gesagt, getan. Keine vierhundert Zeilen Code später hatte Fred sein System fertig. Er gab es Giuseppe und der war hell begeistert. „Eccelente! Ich kann endlich meine schweren Jungs sinnvoll verwalten. Jetzt habe ich aber noch ein Problem. Ich kann gar nicht sehen, welche schweren Jungs bisher bei mir arbeiten. Mach mir noch eine Anzeige um alle Jungs darstellen zu können.“ Und wieder war Fred glücklich, dass IT so einfach ist. Dreihundert weitere Zeilen Code und er lieferte eine Liste, mit der Giuseppe alle Jungs anzeigen lassen konnte. „Hm, das ist nicht schlecht. Aber ich möchte auch wissen wieviel jeder Junge im vergangenen Monat an Geld eingebracht hat.“ Also wieder in den Keller und schnell noch eine Liste basteln in der die Gelder der Jungs aufgelistet wurden. „Ja das ist schon brauchbar. Ich habe aber ein Problem. Ein paar der schweren Jungs fühlen sich ungerecht behandelt. Ich möchte jetzt wissen wann ich bei welchem Jungen die Prozentsätze angepasst habe.“ Fred setzte mittlerweile wegen der Schokoladenzufuhr an Gewicht an und glich sich allmählich an die schweren Jungs an. Sein System war nun schon recht komplex. Er musste aus dem bestehenden Code nun die Prozentsätze herausziehen und in eine Historie einbauen. Da Giuseppe ziemlich ungeduldig war, arbeitete er zwei Nächte durch und sah nun aus wie ein geübter Hacker auszusehen hat: Bleich, blutunterlaufene Augen und sich irgendwie nur noch am Kaffeebecher haltend. Die Zusammenarbeit mit Giuseppe ging ein paar Monate in diesem Modus weiter. Giuseppe stellte eine Aufgabe, Fred setzte sie um. Das Geldwäschesystem hatte nun mehrere hundert Komponenten, die Programmteile waren sehr unübersichtlich und Fred baute mehr Fehler ein, als er korrigieren konnte. Kurz vor Giuseppes Geburtstag machte Fred einen fatalen Fehler. Giuseppe wollte eine neue Funktion und Fred sagte: „Ich arbeite jetzt schon seit einem Jahr für dich. Ich möchte mehr Geld von dir haben. Ich bin der einzige der dein Geldwäschesystem versteht und bin somit sehr wichtig für deine Familie.“ Giuseppe antwortete: „Mein Junge, du verstehst das nicht ganz richtig. Niemand droht mir und niemand fordert von mir etwas. Ich verteile die Gaben, niemand sonst.“ Fred kam nicht mehr zur Arbeit und eine Woche später trat im Geldwäschesystem ein Fehler auf. Keine Gelder konnten mehr an die schweren Jungs ausgezahlt werden. Die fanden das nicht sonderlich nett und steckten Fred in Betonschuhe. Fred versank im Familienteich und konnte nicht lange genug die Luft anhalten. Er liegt vermutlich immer noch am Grund und isst heute keine Pizza mehr. Für die Familie waren die Probleme jedoch nicht gelöst. Wer sollte das Geldwäschesystem wieder zum Laufen bringen? Wie können die schweren Jungs bezahlt werden? Giuseppe organisierte drei neue Familienmitglieder die sich um das Geldwäschesystem von Fred kümmern sollten. Sie erreichten, dass das System wieder Gelder auszahlte. Aber sie klagten über diverse Probleme:- Die Programmstrukturen sind unübersichtlich
- Der Code ist nur unzureichend dokumentiert
- Eine Architektur ist nicht festzustellen
- Jede Änderung verursacht irgendwo anders einen Fehler
- Es ist besser neue Funktionen mit neuen Datenstrukturen zu schreiben als die alten zu verwenden
- Wichtige Komponenten, wie Zugriffskontrolle und Backup, sind nicht vorhanden
- Die Familie ist im Prinzip von Freds Wissen abhängig. Die erstellte Software kann als Legacy Code angesehen werden. Fred kann die Software aus begreiflichen Gründen nicht mehr warten.
- Die Familie hat sich in eine Abhängigkeit begeben, da sie nicht dafür sorgte, dass das Wissen von Fred auf andere Familienmitglieder übertragen wurde.
- Durch die nicht vorhandene Dokumentation und Architektur wird es den drei neuen Familienmitgliedern sehr schwer fallen neue Funktionen anzubringen und das System zu warten.
- Offensichtlich ist es nicht sehr ratsam sich gegen Giuseppe aufzulehnen
- Er war stolz und sich nicht darüber im Klaren das jeder Mitarbeiter ersetzbar ist.
- Seine Vorgehensweise ohne Dokumentation und Betriebskonzept ein komplexes System zu erstellen, war definitiv nicht brauchbar, um das System für längere Zeit betreiben zu können.
Jeena Paradies
roland